Die ostwestfälische Region Minden-Ravensberg (d.h. das früher zum Fürstbistum Minden, zur Grafschaft Ravensberg und zur Reichsabtei Herford gehörende Gebiet) hat eine ungewöhnlich reiche lutherische Frömmigkeitsgeschichte. Diese ist vor allem dadurch geprägt, dass sich die pietistischen Traditionen hier letztlich vom 17. bis zum 21. Jahrhundert durchgehalten haben. Vergleichbares lässt sich in Deutschland wohl sonst nur noch für Württemberg in Anschlag bringen.
Zwar sind die Grundzüge der Geschichte des Pietismus in Minden-Ravensberg bereits seit längerem bekannt. Im Einzelnen ist die Forschung aber doch nur selten über das hinausgekommen, was Hugo Rothert bereits 1928/ 1929 in seiner „Minden=Ravensbergischen Kirchengeschichte“ zusammengetragen hat. Noch der jüngste, für den zweiten Band der neuen „Geschichte des Pietismus“ (1995) erstellte Bericht „Pietismus in Westfalen“ hat sich daher auch im Wesentlichen darauf beschränken müssen, die für diese Region bestehenden gravierenden Forschungslücken zu markieren.
In dieser Situation wollen die hier versammelten Beiträge einen neuen Impuls geben. Sie wenden sich bewusst solchen Abschnitten der ostwestfälischen Kirchengeschichte zu, die schon jetzt als wichtige “Nahtstellen” der Geschichte des Pietismus in Minden-Ravensberg auszumachen sind. Untersucht werden so insbesondere das Einströmen des Hallischen Pietismus nach Bielefeld und in die Grafschaft Ravensberg (Israel Clauder) sowie der Übergang vom noch durch Halle geprägten Pietismus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu den Erweckungsbewegungen des 19. Jahrhunderts (Friedrich August Weihe). Anhand eines bisher kaum beachteten Beispiels wird aber auch gezeigt, wie die durch Weihe und seine Nachfolger geprägte Frömmigkeit im Gohfelder Umland noch über Jahrzehnte hinweg lebendig geblieben ist (Johann Henrich Broyer).
Diesen Artikel haben wir am 07.08.2008 in unseren Katalog aufgenommen.